Aufarbeitung des Attentats auf die israelische Olympia-Mannschaft 1972
Die Olympischen Sommerspiele 1972 sollten für Deutschland mehr werden als eine Sportveranstaltung. 27 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs wollte Deutschland der Welt seine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in der Nachkriegszeit demonstrieren. Die "heiteren Spiele" waren als bewusster Gegensatz zu der wuchtigen Inszenierung der Olympischen Spiele 1936 geplant.
Auch sollten die Spiele für eine fortschreitende Versöhnung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel stehen. Die Teilnahme der israelischen Olympiamannschaft an den Spielen in Deutschland hatte daher eine große politische und symbolische Bedeutung.
Geiselnahme im Olympischen Dorf – das Ende der "heiteren Spiele"
Einer von zwei Hubschraubern auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck in denen in der Nacht zum 06.09.1972 neun Mitglieder der an den Olympischen Sommerspielen von München teilnehmenden israelischen Mannschaft ums Leben kamen. (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster)
Quelle: picture-alliance / dpa
Der Überfall eines palästinensischen Terrorkommandos auf die israelische Olympiamannschaft zerstörte diese Vorstellungen und die Idee vom "Olympischen Frieden".
Bei dem Anschlag am 5. September 1972 stürmten acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" das Quartier der israelischen Mannschaft im Olympischen Dorf in München. Sie erschossen zwei Mitglieder der israelischen Olympia-Mannschaft und nahmen neun weitere als Geiseln. Bei der am gleichen Tag fehlgeschlagenen Befreiungsaktion am Flughafen Fürstenfeldbruck wurden alle Geiseln, ein bayerischer Polizeibeamter sowie fünf der acht Attentäter, getötet. Die drei überlebenden Attentäter wurden anschließend festgenommen und wenige Wochen darauf im Rahmen der Entführung der Lufthansa-Maschine "Kiel" freigepresst.
Die Kommission soll offene Fragen klären und das Geschehene aufarbeiten
Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen sind auch heute noch Fragen zu den damaligen Vorgängen unbeantwortet. Die Bundesregierung hat entschieden, dieses bedrückende Kapitel der deutschen Geschichte nunmehr vollständig und umfassend aufzuarbeiten.
Im April 2023 hat Bundesinnenministern Nancy Faeser dazu eine Kommission aus acht renommierten internationalen Historikerinnen und Historikern zusammengesetzt. "Es ist beschämend, dass quälende Fragen viel zu lange offengeblieben sind. Es fehlte viel zu lange an Aufklärung, Aufarbeitung, Transparenz und der Übernahme von Verantwortung. Dem sind wir uns als heutige Bundesregierung sehr bewusst und haben deshalb gehandelt, um insbesondere die Familien der Opfer zu unterstützen und das Geschehene endlich umfassend aufzuarbeiten"
, so Faeser. Am Institut für Zeitgeschichte wurde eine Geschäfts- und Forschungsstelle für das Projekt eingerichtet. Im September 2023 fand die erste Arbeitstagung der Kommission statt.
Für die umfassende und transparente Aufarbeitung benötigen die Forscherinnen und Forscher die entsprechenden historischen Quellen. Aktuell recherchieren sie daher intensiv in den relevanten Akten der einschlägigen bayerischen Behörden und Archive sowie der Bundesministerien und Bundesbehörden. Das Bundesministerium des Inneren und für Heimat hat dafür seine Unterstützung zugesichert.
Die Ergebnisse der Kommission sollen der Aufarbeitung der Ereignisse dienen und einen Beitrag für eine lebhafte Erinnerungskultur auf Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse leisten.