Feierstunde zum Tag des Peacekeeping 2024

Typ: Rede , Datum: 27.06.2024

Grußwort der Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

  • Ort

    PLH Berlin

  • Rednerin oder Redner

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Exzellenzen,
sehr geehrter Herr Verteidigungsminister Pistorius, lieber Boris,
sehr geehrte Frau Außenministerin Baerbock, liebe Annalena,
liebe Polizistinnen und Polizisten,
liebe Soldatinnen und Soldaten,
liebe zivile Expertinnen und Experten,
sehr geehrte Damen und Herren, 

vor 35 Jahren, im Jahr 1989, traten die ersten deutschen Polizisten ihren Dienst in einer Friedensmission an: In der United Nations Transition Assistance Group in Namibia. Dort als Friedenskraft zu agieren, war umstritten, da wir dort in der Kolonialzeit eine schwierige Rolle hatten. Der Bundestag hatte sich deswegen gerade erst zu Deutschlands besonderen Verantwortung für ein freies Namibia bekannt. Aber zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg deutsche Soldaten im Ausland einzusetzen, war eine hochsensible Frage, politisch und verfassungsrechtlich. Am Ende entsendete die BRD dann statt Bundeswehrsoldaten fünfzig Bundesgrenzschutz-Beamte. Das war als einmalige Ausnahme gedacht.

Noch in einem zweiten Punkt war dieser Einsatz ein Unikum: Zum ersten und einzigen Mal arbeiteten dabei Einsatzkräfte der BRD und der DDR zusammen in einer Mission der Vereinten Nationen. Denn als noch im selben Jahr die ersten freien Wahlen in Namibia stattfanden, fiel auch die Berliner Mauer. Der Kalte Krieg war vorbei. Große Hoffnungen waren damit verbunden. Einige davon haben sich erfüllt: Unser Land ist seit 34 Jahren vereinigt. Und die deutsche Beteiligung an Friedensmissionen – so umstritten sie anfänglich war – ist eine wahre Erfolgsgeschichte: Wir sind damit heute international hoch anerkannt, das deutsche Engagement ist wichtiger Bestandteil deutscher Außen- und Friedenspolitik, wofür ich allen Beteiligten sehr herzlich danke.

Andere Hoffnungen blieben unerfüllt: Denn nicht überall haben sich Freiheit, Demokratie und Frieden durchgesetzt. Im Gegenteil: Die Zahl der internationalen Konflikte bewegt sich auf hohem Niveau. Umso wichtiger sind internationale Bemühungen, Konflikte zu lösen, zu deeskalieren und Frieden zu sichern. Internationale Friedensmissionen tragen dazu entscheidend bei – mandatiert von den Vereinten Nationen oder der EU. Und ich bin stolz, dass deutsche Polizistinnen und Polizisten daran mitwirken und großartige Arbeit leisten – ganz in der Tradition der ersten deutschen Friedensmission!

Um die Sicherheitslage in den Missionsgebieten und damit auch für Deutschland weiter zu verbessern, haben wir die Zahl der Polizeikräfte, die in Friedenmissionen eingesetzt sind, in den letzten beiden Jahren nochmal deutlich erhöht: Waren Ende 2022 etwas mehr als 40 von Ihnen im Missionseinsatz, sind es heute fast 70 – mit weiter steigender Tendenz. Das ist unser, das ist vor allem Ihr Beitrag für Frieden und Sicherheit. Derzeit stärken deutsche Polizeikräfte die Stabilität von Krisenstaaten in zwölf Missionen auf drei Kontinenten. Sie sorgen für Sicherheit, indem sie zum Beispiel helfen, vor Ort nachhaltige, rechtsstaatsbasierte Institutionen und Strukturen aufzubauen. Etwa, indem sie dort lokale Sicherheitskräfte ausbilden und beraten. Seit 1994 kommen dabei auch Polizistinnen und Polizisten der Länder zum Einsatz. Sie steuern dafür sogar die meisten Kräfte bei. Und gestalten so das deutsche Engagement entscheidend mit.

Dafür danke ich Ihnen allen sehr herzlich. Und heute – stellvertretend – unseren drei zu Ehrenden ganz besonders.

Kriminalhauptkommissarin Dörthe Papakonstantinou von der Hamburger Polizei war zuletzt als Operation Liaison Officer in der Mission UNMIK eingesetzt. Sie war im Kosovo das „Auge für New York“ und hat tägliche Lageberichte zur Sicherheitssituation erstellt. Schon 2001 hatte sie sich als Ermittlerin in der UNMIK das berühmte „Mission Fever“ zugezogen. Durch die Erfahrung, den Menschen vor Ort etwas Sinnvolles mitgeben zu können. Etwas, das trägt. Etwas, das der Demokratie hilft, feste Wurzeln zu schlagen. Und durch das Gefühl, für dieses Engagement große Wertschätzung zu bekommen. Auch, als sie dann in ihrer zweiten Mission in Afghanistan Kriminalistik unterrichtet hat.

Liebe Frau Papakonstantinou,

Sie haben damit gleichzeitig vorgelebt, dass es in demokratischen Ländern ganz normal ist, dass eine Frau in Uniform solche Inhalte vermittelt. Auch für afghanische Frauen und Mädchen haben Sie damit seinerzeit einen großen Unterschied gemacht. Ich bin sicher, dass dieser Einsatz auch heute trotz allem noch nachwirkt.

In Ihrer letzten Mission – wieder im Kosovo – haben Sie ebenso erfolgreich im internationalen Team einen gemeinsamen Arbeitskodex entwickelt. Die Vielfalt der verschiedenen nationalen Herangehensweisen würdigen und nutzen zu können, ist eine ganz wichtige Fähigkeit. Unsere entsandten Polizeikräfte müssen sie einerseits mitbringen und andererseits vor Ort lernen und verfeinern. Ohne große Offenheit und Flexibilität sind solche Einsätze in weit entfernten Gebieten und Kulturen gar nicht möglich.

Liebe Frau Papakonstantinou, bitte kommen Sie zu mir auf die Bühne.

Ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre wichtige Arbeit!

[Übergabe der Trophäe an KHK Papakonstantinou]

Improvisationsfähigkeit und Eigeninitiative musste auch Polizeioberkommissarin Lysanne Köhnke von der niedersächsischen Polizei beweisen. Sie hat die European Union Mission in Armenien mit aufgebaut und Grenzkonflikte zu Aserbaidschan beobachtet. Dabei hat sie dort im Hochgebirge bewiesen, dass unsere deutschen Polizistinnen und Polizisten exzellent vorbereitet sind – die strengen Eignungstest lohnen sich! Denn für solche Einsätze muss man eine hohe Grundfitness mitbringen: In dünner Luft auf fast 3000 Metern Höhe immer wieder Fahrzeuge aus dem Schnee zu ziehen und auch selbst Schnee schaufeln zu müssen, das ist nicht nur körperlich sehr anstrengend!

Dass Sie solche Herausforderungen lieben, hat schon Ihre erste Mission vor drei Jahren gezeigt: Die führte Sie nämlich in die Wüste Malis. Dort waren Ihre Schwerpunkte Berichterstattung, Helikoptermissionen und Patrouillenfahrten. Liebe Frau Köhnke, auch Sie haben in der Zusammenarbeit mit internationalen Kolleginnen und Kollegen unser Land hervorragend vertreten. Dass unsere Einsatzkräfte so hohes Ansehen genießen, liegt an Menschen wie Ihnen, die zupacken und Vorbild sind. Die Probleme vor Ort ganz praktisch lösen und dabei interkulturelle Unterschiede sensibel überbrücken.

Bitte kommen sie ebenfalls auf die Bühne. Vielen herzlichen Dank für Ihren Einsatz!

[Übergabe der Trophäe an POK Köhnke]

Auch Kolleginnen und Kollegen zu schützen, wenn sie vor Ort ihre Aufgaben erfüllen, gehört zu den Aufgaben unserer deutschen Missionsangehörigen. So wie von Polizeihauptmeister André Stock vom LKA Sachsen-Anhalt. Sie waren bis Mai dieses Jahres als Personenschützer in der EU-Mission in Somalia eingesetzt. Für Sie war es schon die vierte Mission: Davor waren Sie bereits in Mali, im Kosovo und im Jemen für den Schutz Ihrer Missionskolleginnen und -kollegen zuständig.

Lieber Herr Stock,

Sie haben dafür gesorgt, dass die Kolleginnen und Kollegen sich vor Ort sicher ihren Aufgaben widmen können. Das ist die Grundvoraussetzung jedes Einsatzes. Dabei haben Sie sich gleichzeitig in einem internationalen Team bewährt und unser Land ausgezeichnet repräsentiert. Dafür gebührt Ihnen höchster Respekt.

Bitte kommen Sie zu uns auf die Bühne, lieber Herr Stock.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre unersetzliche Arbeit!

[Übergabe der Trophäe an PHM Stock]

Frau Papakonstantinou, Frau Köhnke, Herr Stock,

vielen herzlichen Dank für Ihren Einsatz. Ich bin sehr gespannt, was Sie uns gleich selbst berichten werden.

Liebe Polizistinnen und Polizisten,
liebe Soldatinnen und Soldaten,
liebe zivile Expertinnen und Experten,

"Danke" sage ich dafür ausdrücklich auch Ihren Familien, Freundinnen und Freunden, und natürlich Ihren Kolleginnen und Kollegen. Denn sie halten ihren Angehörigen, die für unser Land weltweit in Friedensmissionen ziehen, den Rücken frei, emotional und ganz praktisch zuhause. Ohne das, was sie daheim und in den Dienststellen leisten, wären Auslandseinsätze nicht möglich. Und nun freue ich mich auf den persönlichen Austausch mit Ihnen.

Dafür darf ich Herrn Prof. Dr. Castellucci, für den Innenausschuss des Deutschen Bundestages, jetzt auch auf die Bühne bitten. Vielen herzlichen Dank!