Plenardebatte zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Typ: Rede , Datum: 16.11.2023

Rede von Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

  • Ort

    Deutscher Bundestag

  • Rednerin oder Redner

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Kolleginnen! Liebe Lisa Paus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Gäste des Deutschen Bundestages! Über 100 Frauen werden jedes Jahr von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. Das heißt - meine Vorrednerinnen haben es schon gesagt -, alle drei Tage stirbt eine Frau durch Femizid - bei uns in Deutschland, im 21. Jahrhundert. Das ist nicht hinnehmbar, meine Damen und Herren.

Die Täter sind ganz überwiegend Männer. Es sind Ehemänner, Lebensgefährten, Freunde, Ex-Partner. Ihre Gewalt reicht von sozialer und digitaler Kontrolle, Stalking und Psychoterror über Schläge und Misshandlungen bis zu Mord. Die Gewalt findet leider meist zu Hause hinter verschlossenen Türen statt. Viele verharmlosen das immer noch als sogenannte Beziehungsprobleme und tun es damit als Privatsache ab. Mir ist heute ganz wichtig zu sagen: Dieses Thema gehört in die Öffentlichkeit. Gewalt gegen Frauen geht uns alle an.

Bundesministerin Lisa Paus hat es gesagt: Im Juli hat das BKA das erste Lagebild „Häusliche Gewalt“ vorgelegt. Also, Frau Abgeordnete Breher, wir handeln natürlich bereits, und vieles von dem, was liegengeblieben ist, hat diese Koalition schon aufgegriffen und arbeitet daran.

Über 170 000 Frauen wurden im letzten Jahr Opfer häuslicher Gewalt. In den letzten fünf Jahren gab es 13 Prozent mehr polizeilich registrierte Fälle. Und wir reden hier nur vom Hellfeld; denn Angst und Scham halten Frauen viel zu oft davon ab, Anzeige zu erstatten. Das müssen wir ändern.

Denn ganz klar ist: Die Schuld liegt niemals beim Opfer, sondern immer beim Täter, meine Damen und Herren.

Deswegen sensibilisieren wir erstens unsere Polizeien. Sie sollen Anzeichen und Warnsignale besser erkennen können. Dann können sie auch auf die Frauen zugehen. Sie können früh eingreifen und Schlimmeres verhindern. So müssen die Betroffenen den ersten Schritt eben nicht alleine gehen; denn eine ausgestreckte Hand zu ergreifen, ist leichter, als um Hilfe zu bitten. Da ist ein Recht auf Schutz sicherlich der beste Weg, liebe Lisa Paus. Ich glaube, das ist genau das Richtige, was Frauen an dieser Stelle brauchen.

Zweitens. Wir senken die Hemmschwelle für Betroffene, sich Hilfe zu suchen. Mein Ministerium fördert zum Beispiel die Tarn-App des Vereins „Gewaltfrei in die Zukunft“. Sie bietet Gewaltopfern Hilfe und Beratung, unbemerkt vom Täter, weil das im häuslichen Umfeld gerade so wichtig ist. Sie können damit auch Beweise dokumentieren. Die App soll auch eine Schnittstelle zu "Nora" bekommen, der Notruf-App der Bundesländer, um einen stillen Notruf absetzen zu können.

Drittens wollen wir Gewalt verhindern, bevor sie passiert. Gute Prävention braucht gute Daten. Im Juli ist unsere Studie zu Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag gestartet. Ich halte es für wichtig, dass endlich Helligkeit ins Dunkelfeld kommt, und auch das ist nie zuvor gemacht worden, meine Damen und Herren. Deswegen verändert die neue Koalition Ihre Politik.

Das Wichtigste ist, dass wir die Gewalt stoppen, dass wir den Frauen zur Seite stehen, dass wir, wenn sich der Verdacht bestätigt, ausreichend Schutzräume haben. Da hätte ich, Frau Breher, auch von Ihnen ein Wort zur Verantwortung der Länder, was die Unterstützung von Frauenhäusern betrifft, hier erwartet.

Ich möchte mich zum Schluss bei denjenigen bedanken, die im Alltag so viel dazu beitragen, nämlich die Zivilgesellschaft, angefangen vom Hilfetelefon über Vereine vor Ort, die Frauenhäuser unterstützen, bis zu Zonta, die noch einmal die Aktion „Orange The World“ aufgesetzt hat. Herzlichen Dank, dass Sie alle mit dazu beitragen, dass Frauen in unserem Land mehr Schutz bekommen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit.