Schutz vor Kindesmissbrauch und Gewalt: Bundesinnenministerin Nancy Faeser besucht Childhood-Haus in Frankfurt

Typ: Pressemitteilung , Datum: 10.04.2025

Gemeinsamer Austausch mit der Bundesdatenschutzbeauftragten Louisa Specht-Riemenschneider

Bundesinnenministerin Nancy Faeser besucht heute das Childhood-Haus in Frankfurt am Main. Zusammen mit der Bundesdatenschutzbeauftragten Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider tauscht sie sich mit der Geschäftsführerin der World Childhood Foundation, Dr. Astrid Helling-Bakki, und dem Leiter des transdisziplinären Kinderschutzzentrums der Universitätsmedizin Frankfurt, Prof. Dr. Matthias Kieslich, aus. Dabei geht es um die Arbeit der Childhood-Häuser zum Schutz von Kindern vor sexueller und körperlicher Gewalt sowie um Fragen des Datenaustauschs zwischen den beteiligten Behörden und Institutionen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Die Childhood-Häuser in Deutschland leisten herausragende Arbeit, um Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch und Gewalt zu schützen und Opfern zur Seite zu stehen. Das ist eine unschätzbar wichtige und notwendige Arbeit, die jede Unterstützung verdient. Der Koalitionsvertrag für die künftige Bundesregierung sieht daher eine Bundesförderung für Childhood-Häuser vor. Außerdem müssen wir den Datenaustausch zwischen den beteiligten Behörden und Stellen so effizient wie möglich machen.

Unsere Ermittlungsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, Missbrauchstaten aufzuklären und neue Taten zu verhindern. Die Täter dürfen sich nirgendwo sicher fühlen. Es ist daher sehr wichtig, dass die künftige Bundesregierung sich auf eine dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen verständigt hat. So können die Ermittlungsbehörden Täter besser identifizieren. Die Ermittlungsbehörden erhalten damit endlich ein zentrales weiteres Instrument zum Schutz von Kindern vor diesen entsetzlichen Taten."

Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit: „Wir alle tragen Verantwortung für den Schutz von Kindern. Kinder und Jugendliche, die von sexualisierter Gewalt betroffenen sind, benötigen niedrigschwellige konkrete Hilfsangebote. Ich danke der Childhood Foundation daher für ihre wertvolle bedarfsorientierte Arbeit und Innenministerin Nancy Faeser für ihr Engagement, dass wir mehr Childhood-Häuser in Deutschland brauchen.

Die Herausforderungen in der Begleitung konkreter Fälle sind komplex. Ich berate gern zu praxistauglichen Lösungen, die dazu führen, dass Kinder effektiv geschützt werden. Grundlegend ist, dass die besonders sensiblen Daten von betroffenen Kindern und Jugendlichen rechtskonform behandelt werden.

Eine Vorratsdatenspeicherung birgt besondere Risiken für den Rechtsstaat und das gesellschaftliche Zusammenleben und führt häufig nicht zum gewünschten Ermittlungserfolg. Das bitte ich zu bedenken, wenn nun auf nationaler und europäischer Ebene abermals über die Vorratsdatenspeicherung diskutiert wird.“

Dr. Astrid Helling-Bakki, Geschäftsführerin der World Childhood Foundation Deutschland: „Das Childhood-Haus Konzept stellt eine einmalige Kompetenzbündelung dar, die Medizin, Psychologie, Jugendhilfe, Polizei und Justiz in enger Kooperation unter einem Dach zusammenführt, um Kindern und Jugendlichen, die von Misshandlung und Missbrauch bedroht oder betroffen sind, Klärung, Schutz und Unterstützung zu bieten. Informationsaustausch und Datenschutz bilden dabei die Grundlage der Zusammenarbeit. Wir sehen in der bisherigen Entwicklung der Childhood-Häuser in Deutschland ein großes Potenzial, die Handlungssicherheit aller Beteiligten und die Transparenz für Betroffene zu verbessern, wenn Misshandlung oder Missbrauch an Kindern vermutet oder erkannt wird. Gleichzeitig stoßen wir an die Grenzen der bisher bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen in der Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch zwischen den Professionen. Unser gemeinsames Ziel ist es, diese Möglichkeiten und Grenzen zu beleuchten und gemeinsam fokussiert auf die Kinderrechte weiterzuentwickeln.“

Prof. Dr. med. Matthias Kieslich, Leiter des Transdisziplinären Kinderschutzzentrums: „Suffiziente und umfassende Informationsaustausche stellen nicht nur in der alltäglichen Arbeit der Medizinischen Kinderschutzambulanz, sondern auch und gerade bei der Involvierung weiterer Instanzen durch das Childhood-Haus eine elementare Arbeitsgrundlage dar. Kindeswohlgefährdungseinschätzungen, Perspektivplanungen und die Abwägungen von polizeilichen Anzeigen sind ohne ausreichende Daten nicht verantwortlich durchführbar.“

Kurze Wege, schnelle Reaktionszeiten und effektive Hilfen zeichnen das Transdisziplinäre Kinderschutzzentrum an der Universitätsmedizin Frankfurt aus. Das Transdisziplinäre Kinderschutzzentrum unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Matthias Kieslich vereint die seit 15 Jahren bestehende Kinderschutzambulanz und das im Jahr 2023 eröffnete Childhood-Haus Frankfurt unter einem Dach. 

Die World Childhood Foundation wurde 1999 von Königin Silvia von Schweden gegründet mit dem Ziel, das Recht der Kinder auf eine sichere Kindheit zu schützen und die Lebensbedingungen von Kindern zu verbessern, die sexuellem Missbrauch und Gewalt ausgesetzt sind.

Die bislang elf Childhood-Häuser in Deutschland sind Orte, an denen Kinder, die körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt haben, in einem Umfeld und von Personen untersucht und befragt werden können, die entsprechend geschult sind und professionell, kindgerecht und behutsam mit den Kindern umgehen. Childhood-Häuser sind in das lokale Gesundheitssystem, die Strukturen der lokalen Sozial- oder Kinderschutzdienste, der Behörden der Strafverfolgung sowie Justiz eingebunden. 

Das Childhood-Haus Frankfurt ist eine kinderfreundliche, interdisziplinäre, ambulante Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die körperliche und sexualisierte Gewalt (mit)erlebt haben. Gemeinsam mit dem Land Hessen wird hier unter der Trägerschaft des Universitätsklinikums Frankfurt eine altersgerechte, multiprofessionelle Beratung und Versorgung und rechtliche Fallabklärung in kindgerechtem Umfeld angeboten. Für betroffene Kinder und Jugendliche gibt es damit einen Ort, wo sie sich sicher und verstanden fühlen dürfen und ihr Wohlbefinden im Vordergrund steht.

Nach dem zuletzt veröffentlichten Bundeslagebild des Bundeskriminalamtes wurden 2023 16.375 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern polizeilich bekannt (5,5 Prozent mehr als 2022). Im Fünf-Jahres-Vergleich seit 2019 bedeutete dies einen Anstieg von rund 20 Prozent. 18.497 Kinder unter 14 Jahren wurden 2023 zu Opfern sexuellen Missbrauchs. Sexuellen Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren stellte die Polizei im Jahr 2023 in 1.200 Fällen fest (5,7 Prozent mehr als 2022). 1.277 Opfer wurden hier registriert. Das Bundeslagebild für 2024 wird derzeit erstellt und im Sommer dieses Jahres veröffentlicht.

Der Platz vor dem Dienstgebäude am Moabiter Werder

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