Gesetzentwurf für modernes Staatsangehörigkeitsrecht veröffentlicht – Faeser: "Erwerb der Staatsangehörigkeit ist stärkstes Bekenntnis zu Deutschland"

Typ: Pressemitteilung , Datum: 19.05.2023

Mehrstaatigkeit soll möglich werden / Einbürgerungen nach fünf oder drei statt acht Jahren / Würdigung der Gastarbeitergeneration

Das Bundesinnenministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts – ein zentrales Reformvorhaben der Bundesregierung – heute veröffentlicht. Länder und Verbände können nun hierzu Stellung nehmen. Die Mehrstaatigkeit soll möglich und der Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einfacher werden. Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen kann die Voraufenthaltszeit auf bis zu drei Jahre verkürzt werden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Ich freue mich sehr, dass wir mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht eines der wichtigsten Fortschrittsthemen der Ampel umsetzen. Wir wollen, dass Menschen, die Teil unserer Gesellschaft geworden sind, unser Land auch demokratisch mitgestalten können. Gute Beispiele wie Kanada zeigen uns, dass diese Perspektive auch entscheidend ist, um die Fachkräfte zu gewinnen, die wir dringend brauchen.

Viele Zugewanderte fühlen sich als Deutsche, wollen aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen. Sie werden künftig nicht mehr gezwungen sein, einen Teil ihrer Identität aufzugeben. Wir vollziehen den lange überfälligen Paradigmenwechsel und lassen die Mehrstaatigkeit zu. Zugleich ermöglichen wir die Einbürgerung schon nach fünf statt nach acht Jahren. Wer besonders gut integriert ist, kann diesen Zeitraum auf bis zu drei Jahre verkürzen. Das gilt für Menschen, die sehr gut Deutsch sprechen, im Job herausragende Leistungen erzielen oder sich ehrenamtlich engagieren. Die enorme Lebensleistung der Gastarbeitergeneration für unser Land wollen wir würdigen. Deshalb sehen wir für sie deutliche Erleichterungen bei der Einbürgerung vor.

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist das stärkste Bekenntnis zu Deutschland. Wer Deutsche oder Deutscher wird, bekennt sich zum Leben in unserer freiheitlichen und vielfältigen Gesellschaft. Deshalb gilt auch: Rassismus, Antisemitismus oder jede andere Form von Menschenfeindlichkeit steht einer Einbürgerung entgegen – da gibt es keinerlei Toleranz. Wer unsere Werte nicht teilt, kann nicht Deutscher werden."

Ende 2021 lebten rund 72,4 Millionen Menschen mit deutscher und rund 10,7 Millionen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland, von denen sich rund 5,7 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland aufhielten. Der Anteil von Einbürgerungen im Inland im Verhältnis zu der seit mindestens zehn Jahren in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung befindet sich dauerhaft auf niedrigem Niveau; im Jahr 2021 lag er bei nur 2,45 Prozent. Auch im EU-Vergleich hat Deutschland eine besonders niedrige Einbürgerungsrate.

Dies zeigt, dass nach wie vor ein bedeutender Teil der Menschen, die seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben und längst fester Bestandteil der Gesellschaft sind, nicht gleichberechtigt demokratisch teilhaben und mitwirken können. Das Staatsangehörigkeitsrecht muss daher modernisiert werden, um den Bedürfnissen vieler Menschen mit Einwanderungsgeschichte angemessen Rechnung zu tragen.

Dazu gehören vor allem Möglichkeiten zur schnelleren Einbürgerung. Sie sind ein weiterer Anreiz, sich schnell zu integrieren. Hierfür sind Aspekte wie Sprachkenntnisse, Bildung, berufliche Eingliederung, bürgerschaftliches Engagement und staatsbürgerliche Kenntnisse besonders wichtig.

Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung

Wer in Deutschland eingebürgert werden will, muss sich zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennen. Dazu gehören insbesondere die Würde und Gleichheit aller Menschen. Wer diese Werte nicht teilt oder ihnen gar zuwiderhandelt, darf nicht deutscher Staatsangehöriger werden. In das Staatsangehörigkeitsgesetz wird daher ausdrücklich folgender Satz aufgenommen: "Antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes."

Außerdem sieht der Entwurf eine Regelung vor, die gewährleisten soll, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden sicher von aus menschenverachtenden Beweggründen begangenen Straftaten erfahren. Die Staatsanwaltschaften müssen nach dem Gesetzentwurf künftig den Staatsangehörigkeitsbehörden auf Anfrage Informationen über diese Straftaten mitteilen.

Sicherung des Lebensunterhalts

Wer in Deutschland eingebürgert werden will, muss wirtschaftlich integriert sein. Der Lebensunterhalt für sich und die eigenen Familienangehörigen muss daher grundsätzlich ohne Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestritten werden können. Um hier Klarheit zu schaffen, werden Ausnahmen nun ausdrücklich im Gesetz benannt. Diese Ausnahmen sollen u.a. Gastarbeitern, die bis 1974 in die Bundesrepublik eingereist sind, und Vertragsarbeitnehmern, die bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind, zugutekommen sowie Familien mit minderjährigen Kindern, wenn ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner in Vollzeit erwerbstätig ist.

Weitere Erleichterungen für Gastarbeitergeneration

Gastarbeiter in den westdeutschen Bundesländern und Vertragsarbeitnehmer in der ehemaligen DDR haben einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung Deutschlands geleistet. Sie haben aber in der Vergangenheit keine oder nur wenig Integrationsangebote erhalten. Ein schriftlicher Sprachnachweis und der Einbürgerungstest sollen daher für sie nicht notwendig sein. Vielmehr soll der Nachweis mündlicher deutscher Sprachkenntnisse ausreichen.

Öffentliche Einbürgerungsfeiern

Die Einbürgerung ist für alle Beteiligten ein Grund zum Feiern. Die Eingebürgerten können gleichberechtigt am politischen Leben in Deutschland teilnehmen. Der Staat darf sich über jeden neuen, nun gleichberechtigten Staatsangehörigen freuen. Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass die Einbürgerungsurkunde nach Möglichkeit in einem feierlichen Rahmen ausgehändigt werden soll, in einer öffentlichen Einbürgerungsfeier und unter Verwendung der nationalen Symbole der Bundesrepublik Deutschland.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist hier abrufbar.

Der Platz vor dem Dienstgebäude am Moabiter Werder

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