Gemeinsame Herausforderungen erfordern gemeinsame Lösungen
Meldung Migration 27.11.2023
Auf Einladung ihres tschechischen Amtskollegen Rakušan nahm Innenministerin Faeser an der Visegrad-Konferenz in Szeged / Ungarn teil. Vor Ort warb sie für eine Einigung auf das Gemeinsame Europäische Asylsystem.
"So nah an einer Einigung zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem waren wir noch nie. Dieses Momentum müssen wir nutzen. Die Zeit drängt wegen der Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2024. Dafür ist noch einmal die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten notwendig"
, betonte die Bundesinnenministerin.
Der Kern dieser Regelungen ist:
- eine solidarische und faire Verteilung der Schutzsuchenden,
- die Verhinderung irregulärer Migration in die EU,
- die Verhinderung von Sekundarmigration im EU-Binnenraum
- und der Schutz der EU-Außengrenzen.
"Hierfür arbeite ich mit großem Nachdruck. Und ich bin sehr optimistisch, dass uns diese große europäische Reform auch gelingen wird"
, sagte Faeser.
Austausch zur aktuellen Migrations- und Sicherheitslage
Weitere Themen der Visegrad-Konferenz – an der auch die Innenminister Polens, der Slowakei, Ungarns und Österreichs teilnahmen – waren die Begrenzung irregulärer Migration, die Bekämpfung der Schleuserkriminalität und Grenzschutz.
Aufgrund des Anstiegs der illegalen Sekundärmigration und der immer weiter zunehmenden Brutalität der Schleuserbanden haben etliche EU-Staaten vorübergehende Grenzkontrollen an ihren Binnengrenzen angeordnet. Um irreguläre Migration zu begrenzen und die Schleuserbanden zu bekämpfen nimmt auch Deutschland vorübergehende Binnengrenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien, Polen, Österreich und der Schweiz vor.
"Die Gewalt zwischen den rivalisierenden Schleuserbanden nimmt zu. Und sie setzen Menschenleben mutwillig aufs Spiel. Deshalb haben wir unser Handeln so deutlich verstärkt. Wichtig sind daher neben einem konsequenten Durchgreifen gegen die Schleuser vor allem auch nachhaltige Konzepte für das Migrationsmanagement in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern. Denn das entzieht Schleusern die Geschäftsgrundlage"
, so Faeser.
Die Bundesinnenministerin regte regelmäßige Treffen der Grenzbehörden an. Ziel ist es, ein gemeinsames Monitoring der Migrationslage durchzuführen und Entscheidungen über mögliche Fortsetzungen von Binnengrenzkontrollen eng abzustimmen. "Sinnvoll ist aus meiner Sicht auch der flexible Einsatz und ggf. die Verstärkung von Frontex-Kräften, wenn sich Migrationsrouten verlagern"
, so Faeser.
"Die Steuerung und Ordnung des Migrationsgeschehens gelingt nur im europäischen Kontext – mit einem klaren Kompass. Dazu gehört für uns rechtsstaatliches Handeln und die Achtung der Menschenrechte – gerade in der Migrationspolitik und beim Schutz der Außengrenzen"
, betonte die Bundsinnenministerin.
Gemeinsam mit Amtskolleginnen und -kollegen aus fünf EU-Staaten drängt Bundesinnenministerin Faeser auf eine Einigung bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS).
Bundesinnenministerin Faeser am Verhandlungstisch, im Hintergrund Fahren einiger EU-Länder (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster)
Quelle: Henning Schacht
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat heute zu Beratungen über das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) ins Bundesinnenministerium nach Berlin eingeladen. Gemeinsam mit ihren Amtskolleginnen und -kollegen aus Frankreich, Italien, Schweden als amtierende EU-Ratspräsidentschaft und Spanien sowie Belgien als darauffolgende Ratspräsidentschaften sprach die Ministerin über offene Fragen bei der GEAS-Reform.
"Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wird nur gelingen, wenn alle Seiten Kompromisse eingehen"
, so Faeser im Anschluss an die Gespräche. "Unser Maßstab bei den Verhandlungen ist eine gute Balance aus Verantwortung und Solidarität."
Einigung noch vor Europawahl 2024
Die Bundesinnenministerin Faeser hatte zuletzt beim Rat der EU-Innenministerinnen und Innenminister Anfang März in Brüssel betont, wie wichtig es sei, offene Fragen möglichst schnell zu klären. Nur so könnten die Regelungen zum GEAS auf europäischer Ebene noch vor der Europawahl 2024 beschlossen werden.
Alle Mitgliedstaaten müssten dabei helfen, dass irreguläre Sekundärmigration reduziert wird. Zum Beispiel durch Registrierungen und Screening an den Außengrenzen. "Wenn das GEAS nicht kommt und damit eine verlässliche Registrierung und Erfassung an den Außengrenzen, dann ist der Schengen-Raum mit offenen Binnengrenzen in großer Gefahr"
, so die Bundesinnenministerin.
Solidaritätsmechanismus zur Verteilung von schutzsuchenden Personen
Die besonders unter Druck stehenden Mitgliedstaaten müssten mit einer dauerhaften Solidarität rechnen können – dazu gehört ein Solidaritätsmechanismus, der unter anderem Regelungen zur Verteilung von schutzsuchenden Personen enthalten soll.
Im Rahmen des freiwilligen Solidaritätsmechanismus hat Deutschland bislang 427 Personen aus Italien und 93 Personen aus Zypern übernommen. Weitere Übernahmen sind geplant.
Bundesinnenministerin Faeser: Wir haben heute gezeigt, dass wir Europäer gemeinsam handeln.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit dem französischen Innenminister Gérald Darmanin beim JI-Rat in Luxemburg (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster)
Quelle: Europäische Union
"Wir haben heute historische Entscheidungen für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem getroffen",
sagte Bundesinnenministerin Faeser im Anschluss an das Innenministertreffen in Luxemburg am 8. Juni. "Und wir haben gezeigt, dass wir Europäer gemeinsam handeln – nach Jahren der Blockaden und des Streits."
Beim Rat für Justiz und Inneres in Luxemburg hatten die europäischen Innenministerinnen und Innenminister über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) verhandelt. Grundlage waren Entwürfe für Verordnungen, die die aktuelle schwedische EU-Ratspräsidentschaft auf Basis von Vorschlägen der EU-Kommission erarbeitet hat.
Dank der Einigung könne Europa endlich für eine verlässliche Steuerung und Ordnung der Migration sorgen und zu einer neuen, solidarischeren Migrationspolitik kommen, so Innenministerin Faeser.
Worauf hat sich der EU-Innenrat geeinigt?
Verfahren für Asylsuchende mit geringer Anerkennungsquote an den Außengrenzen
Künftig soll an den EU-Außengrenzen über den Status von Menschen entschieden werden, die nur eine sehr geringe Aussicht auf Schutz in der EU haben. Diejenigen, die keinerlei Aussicht auf ein Bleiberecht in der EU haben, müssten von dort aus in ihre Heimat zurückkehren.
"In diesen Verfahren setzen wir uns für hohe rechtsstaatliche Standards und konsequenten Menschenrechtsschutz ein",
betonte die Bundesinnenministerin. "Wir wollen, dass jeder ein faires Asylverfahren erhält."
Deutschland hat erreicht, dass unbegleitete Kinder und Jugendliche direkt in die EU einreisen können und nicht in die Grenzverfahren kommen. Gemeinsam mit Luxemburg, Irland und Portugal hatte sich die Bundesinnenministerin dafür eingesetzt, dass das auch für Kinder und Jugendliche gilt, die mit ihren Eltern kommen, konnte sich damit aber nicht gegen die Mehrheit der EU-Staaten durchsetzen.
"Dafür wird sich Deutschland in den nun anstehenden Verhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament weiter einsetzen"
, erklärte Faeser. Sie habe die deutsche Position für einen bestmöglichen Schutz der Kinder sehr deutlich gemacht und in einer Protokollnotiz niedergelegt.
Die Verfahren an den Außengrenzen sollen nicht für Menschen gelten, die vor Folter, Krieg und Terror geflohen sind. Es geht um schnelle und faire Asylverfahren für diejenigen, bei denen nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie in der EU Schutz benötigen.
Menschen, die mit Kindern in Europa Schutz suchen, kommen meist aus Kriegsgebieten - und die haben ohnehin hohe Aussicht auf Schutz in der EU und müssen nicht in die Grenzverfahren.
Verpflichtende Solidarität mit den stark belasteten Außengrenzstaaten
Die Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen soll nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sollen zukünftig zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.
Dazu die Bundesinnenministerin: "Alle Mitgliedstaaten tragen Verantwortung. Diese Verantwortung wird künftig auf mehr Schultern verteilt sein. Die Solidarität in der Verteilung der Flüchtlinge gehört zum Gesamtpaket."
Insbesondere die Staaten am Mittelmeer könnten nur Grenzverfahren durchführen, wenn sie auch wüssten, dass Menschen danach entweder zurückkehren oder andere EU-Staaten sie bei der Aufnahme unterstützen.
"Wir wollen durch geregelte Migration vor allem dafür sorgen, dass das furchtbare Sterben auf dem Mittelmeer endlich aufhört",
so Faeser.
Weitere Beschlüsse des EU-Innenrats
Darüber hinaus sollen die bisherigen Dublin-Regeln reformiert werden, um Verfahren deutlich zu beschleunigen und so irreguläre Sekundärmigration zu reduzieren – also das unkontrollierte Weiterziehen in andere EU-Staaten.
Für die Frage, ob Menschen auch in einem sicheren Drittstaat Schutz finden und dorthin überstellt werden können, wurden klare rechtliche Regeln auf der Grundlage menschenrechtlicher Standards definiert.
Innerhalb der EU sollen künftig gemeinsame Mindeststandards für die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden gelten. Die Verfahren zur Aufnahme von Menschen aus humanitären Gründen sollen EU-weit vereinheitlicht werden.
"Migration kann nur auf europäischer Ebene bewältigt werden"
Es sei völlig klar, dass kein Staat in Europa allein die Migration bewältigen kann, sagte die Bundesinnenministerin in Luxemburg. Deshalb sei es so wichtig gewesen, in den Verhandlungen zu Ergebnissen zu kommen.
"Unsere Haltung als deutsche Bundesregierung war ganz klar: Wir wollen das Europa der offenen Grenzen retten Denn das Schengen-System offener Binnengrenzen ist tatsächlich in Gefahr, wenn die EU-Außengrenzen nicht verlässlich kontrolliert werden",
so Faeser.