Seehofer: Rechtsextremismus weiterhin größte Bedrohung für die Sicherheit

Typ: Meldung , Schwerpunktthema: Sicherheit , Datum: 04.05.2021

Sorge bereiten dem Bundesinnenminister auch die zunehmenden Straf- und Gewalttaten rund um die Corona-Proteste.

"Die politisch motivierte Kriminalität nimmt deutlich zu," erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer am Vormittag vor Journalisten in Berlin. Gemeinsam mit BKA-Präsident Holger Münch stellte er heute die Fallzahlen der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) für das Jahr 2020 vor.

"Sehe eine klare Verrohungstendenz in Deutschland"

Rund 8,5 Prozent mehr politisch motivierte Straftaten als im Vorjahr hat das BKA 2020 erfasst. Das sei eine sehr beunruhigende Entwicklung, auch wenn politisch motivierte Straftaten nur knapp ein Prozent aller Straftaten ausmachten. "Beunruhigend vor allem deshalb, weil sich damit ein Trend der vergangenen Jahre verfestigt. Beunruhigend auch, weil die politische Gewaltkriminalität deutlich zunimmt", so der Minister. Er sehe hier eine klare Verrohungstendenz in Deutschland.

Besonders schlimm sei die Zunahme der Gewaltdelikte um 18,8 Prozent. Elf Menschen waren 2020 aus politischer Motivation ermordet worden, dreizehn Mordversuche wurden unternommen.

Neuer Höchststand bei rechtsextremistischen Straftaten

Nach dem Mord an Dr. Walter Lübcke und dem Anschlag auf die Synagoge in Halle habe der rechtsterroristische Anschlag in Hanau gezeigt: Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland, denn aus diesem Spektrum werden die meisten rassistischen Straftaten begangen. Mit knapp 53 Prozent machten rechtsextrem motivierte Delikte mehr als die Hälfte aller politisch motivierten Straftaten aus. Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten erreiche damit einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2001, erklärte Seehofer.

Auch antisemitische Straftaten hätten mit über 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen. Nahezu ausschließlich seien diese rechtsextrem motiviert gewesen, antisemitischen Hass und antisemitische Hetze bezeichnete der Bundesinnenminister als festen Bestandteil rechtsextremistischer Ideologien. "Diese Entwicklung in Deutschland ist nicht nur sehr besorgniserregend, sie ist auch zutiefst beschämend."

Immer mehr Gewalttaten bei Corona-Protesten und Angriffe auf Repräsentanten des Staates

Besonders im letzten Jahr habe man durch die Pandemie eine weitere Polarisierung in der politischen Diskussion beobachten können, so Seehofer. Gerade bei teilnehmerstarken Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen zeige sich ein großes Eskalationspotenzial, immer wieder komme es zu Ausschreitungen. So habe das BKA unter dem Begriff "Corona" im Jahr 2020 rund 3.500 Straftaten erfasst – darunter fast 500 Gewalttaten.

Bei diesen oft durch die sogenannte "Querdenken-Bewegung" geprägten Versammlungen richteten sich Angriffe immer wieder auch gegen Polizistinnen und Polizisten sowie gegen Vertreterinnen und Vertreter der Presse. Von den 260 gemeldeten Straftaten gegen Journalisten seien 112 im Zusammenhang mit "Corona" begangen worden - bei den Gewalttaten sogar knapp die Hälfte. "Ich sage hier ganz deutlich: Bei diesen Gewalttaten geht es nicht mehr darum, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in Anspruch zu nehmen. Sie sind krimineller Natur und richten sich in Wahrheit gegen unsere freiheitliche Grundordnung", betonte der Bundesinnenminister.

Gefährlich für die freiheitliche Grundordnung seien auch die zunehmenden Angriffe auf Repräsentanten des Staates: Über 2.200 Angriffe auf Amts- und Mandatsträgerinnen und –träger, das seien doppelt so viele wie im Jahr zuvor. "Auch hier die klare Ansage: Wir werden unter keinen Umständen tolerieren, dass Menschen, die sich für öffentliche Ämter zur Verfügung stellen, von Verfassungsfeinden angegriffen und eingeschüchtert werden." Es sei darum wichtig und richtig, dass sich die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern besonders die neuen Protestgruppen sehr genau in den Blick nehmen.

Gewaltbereiter Linksextremismus als Bedrohung für die freiheitliche Demokratie

Die gesellschaftliche Polarisierung zeige sich auch bei der Hasskriminalität: Mit 10.000 Straftaten liege die Zahl knapp 20 Prozent höher als im Vorjahr, davon 87 Prozent rechtsextrem motiviert. Indem es Provider und soziale Netzwerke zwinge, strafbare Handlungen, gelöschte Beiträge und IP-Adressen an das Bundeskriminalamt zu melden, sei das im März 2021 verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität bei der Bekämpfung dieses Phänomens ein wichtiger Schritt, so der Minister.

Auch aus dem linksextremistischen Spektrum habe es eine Zunahme der Straftaten von rund 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben. Besorgniserregend sei vor allem der sehr starke Zuwachs linksextrem motivierter Gewalttaten. Straftaten gegen Polizeikräfte hätten sich verdoppelt, Gewaltdelikte gegen die Polizei sogar um drei Viertel zugenommen. "Damit ist klar: Der gewaltbereite Linksextremismus ist nach wie vor eine ernst zu nehmende Bedrohung für unsere freiheitliche Demokratie", betonte der Bundesinnenminister.

Auch vom Islamismus gehe nach wie vor eine hohe Gefährdung aus. So würden 579 Personen als "Gefährder" und 533 als "relevante Personen" eingestuft.

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