"Beamtentum - alt, aber nicht von gestern!"

Typ: Meldung , Schwerpunktthema: Öffentlicher Dienst , Datum: 26.06.2019

Aus der Vortragsreihe "Stimmen unserer Zeit"

Auf Einladung des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer fand am 19. Juni 2019 die Vortragsveranstaltung "Beamtentum – alt, aber nicht von gestern!" statt. Anlass war das einhundertjährige Jubiläum der Weimarer Reichsverfassung, mit der das Berufsbeamtentum Verfassungsrang erhielt. Die Einladung stieß mit über 120 Teilnehmern aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Ministerien auf große Resonanz. Herr Staatssekretär Mayer ging auf den Anlass der Veranstaltung mit der besonderen historischen Verbindung zum BMI ein. Es sei der spätere erste Reichsminister des Innern Hugo Preuß gewesen, der es für wünschenswert gehalten habe, auch die Unverletzlichkeit der wohlerworbenen Rechte der Beamten in die Verfassung aufzunehmen. Er verwies aber auch auf die bayerischen Verwaltungsreformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die Vorbild für die Entwicklung des modernen Berufsbeamtentums in ganz Deutschland gewesen seien. Zugleich betonte er, dass das Ziel des Abends nicht die Traditionspflege sei, sondern die Diskussion über die heutige Rolle des Berufsbeamtentums.

Parlamentarischer Staatssekretär Stephan Mayer am Rednerpult Parlamentarischer Staatssekretär Stephan Mayer am Rednerpult (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Thomas Ernst Parlamentarischer Staatssekretär Stephan Mayer

Das BMI bot zwei renommierten Wissenschaftlern eine Plattform, das "alte" Beamtentum zeitgemäß zu interpretieren. Der Historiker Dr. Frieder Günther (Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin) legte in seinem Vortrag "Hüter einer abstrakten Staatsidee: Das Berufsbeamtentum und die Weimarer Reichsverfassung" dar und erläuterte, dass die Haltung der Beamten zur republikanischen Staatsordnung ambivalent gewesen sei. Die Beamten hätten ein etatistisches Selbstverständnis entwickelt. Sie verstanden sich als neutral zur republikanischen Staatsform. Es sei jedoch die weit verbreitete Vorstellung gewesen, den Monarchen weiterhin als Kern des Staates anzusehen. Die Beamten standen nicht uneingeschränkt zur Weimarer Reichsverfassung, sondern beugten sich bis 1930. Es gehöre zur geschichtlichen Wahrheit, dass sich viele – zu viele – von ihnen ab 1933 den Nationalsozialisten angeschlossen hätten.

Die Juristin Prof. Dr. Anna-Bettina Kaiser (Humboldt-Universität zu Berlin) trug unter dem Titel "Das Personal der Demokratie: Zur Zukunft der Institution des Berufsbeamtentums" vor. Mit dem Beamtentum sei die Hoffnung verbunden, den Rechtsstaat als Gebot der Stunde anzunehmen und die Legalität der Verwaltung zu erreichen. Bei Krisen zeige sich die stabilisierende Funktion des Beamtentums für die Demokratie auf. Prof. Kaiser machte klar, dass diese Funktion entfiele, wenn das Beamtentum abgeschafft werden würde. Deshalb sei es auch wichtig, von Beamten zu verlangen, sich für die demokratische Staatsordnung einzusetzen. Hier thematisierte sie den Fall des Bundesverwaltungsgerichts zu einem mit Nazi-Symbolen tätowierten Polizisten.
Es sei klar, dass dies nicht mit dem Status eines Beamten vereinbar sei. Frau Kaiser widmete sich schließlich aktuellen Entwicklungen des Dienstrechts wie etwa der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Streikverbot für Beamte und dem Einfluss der Europäisierung.

Unter der Moderation von Herrn Staatssekretär a.D. Dr. Hans Bernhard Beus wurden zunächst die unterschiedlichen Anfänge 1919 und 1949 diskutiert. In der Weimarer Zeit hätte es daran gemangelt, dass Beamte sich für die demokratische Staatsordnung eingesetzt hätten, wie in unterschiedlichen Beiträgen betont wurde. Dann wurde die Rolle des Bundesverfassungsgerichts bei der Ausgestaltung des Beamtenrechts diskutiert und dabei insbesondere die Frage behandelt, ob bestimmte hoheitliche Funktionen den Beamten vorzubehalten seien. Es entspann sich eine lebendige Diskussion zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Streikverbot für Beamte. Hinterfragt wurde, was ein Streikrecht für Beamte überhaupt bringe, da die Besoldung vom Gesetzgeber festgelegt und nicht von den Tarifvertragsparteien verhandelt werde.

Prof. Dr. Matthias Pechstein (Europa-Universität Viadrina Frankfurt/O.) ordnete die unterschiedlichen Wortbeiträge und verschaffte Klarheit über das geschlossene System des Beamtenstatus, bei dem nicht einzelne Bestandteile herausgebrochen werden könnten. Der Beamtenstatus böte durchaus flexible Beschäftigungsbedingungen.

In den anschließenden Gesprächen beim gemütlichen Ausklang wurde deutlich, dass der Abend ein guter Beitrag zu unserer BMI-Reihe "Stimmen unserer Zeit" war.