Die Zukunft des öffentlichen Dienstes
Namensartikel 07.01.2020
Öffentlicher Dienst leidet ebenfalls unter Fachkräftemangel
Frankfurter Allgemeine Zeitung am 31.12.2019
Nicht an Arbeit mangelt es in Deutschland, sondern an Fachkräften. Darunter leidet die Privatwirtschaft ebenso wie der öffentliche Sektor. In beiden Bereichen muss etwas getan werden.
Um die Zukunft Deutschlands als Wirtschaftsstandort zu sichern, haben wir das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Es tritt am 1. März 2020 in Kraft und soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Um die Funktionsfähigkeit des Staates sicherzustellen, müssen wir daneben aber auch für den öffentlichen Dienst die besten Rahmenbedingungen schaffen.
In den kommenden zehn Jahren wird die Erwerbsbevölkerung wegen Renten- und Pensionseintritten um ein Zehntel schrumpfen. Auch die öffentlichen Arbeitgeber leiden zunehmend unter diesem demographischen Wandel. Allein im Bund werden in den nächsten sieben Jahren gut 20 % und in den nächsten 20 Jahren etwa 60 % der Beamten in den Ruhestand treten. Es besteht die Gefahr, dass Bund, Länder und Kommunen bis 2030 etwa 800.000 Stellen nicht mehr besetzen können. Bei aktuell 4,8 Millionen Staatsdienern hätte dies erhebliche Folgen.
Das gängige Klischee eines aufgeblähten öffentlichen Dienstes entspricht schon lange nicht mehr der Realität. Spätestens seit der Wiedervereinigung dreht sich das Rad durch massive Personaleinsparungen rückwärts.
Der öffentliche Dienst des Bundes ist seit langem gewarnt. Er wappnet sich im Spiel aller Kräfte und hat als öffentlicher Arbeitgeber eine Vorreiterrolle. So hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) als Verhandlungsführer des Bundes zuletzt 2018 mit den Tarifpartnern die Einstiegsgehälter der Tarifbeschäftigten bis 2020 um 10 % angehoben und damit die Attraktivität für Fachkräfte deutlich gesteigert. Der Gesetzgeber hat diesen Tarifabschluss auf die Bundesbesoldung der Beamten, Richter und Soldaten übertragen.
Bevor es in diesem Jahr mit den Tarifpartnern erneut an den Verhandlungstisch geht, hat das Parlament auf meinen Vorschlag hin ein weiteres Maßnahmenpaket für Beamte und Soldaten beschlossen: Das vor wenigen Tagen in Kraft getretene Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz – treffend abgekürzt mit "BesStMG".
Seit zehn Jahren ist das Dienstrecht des Bundes nicht mehr so umfangreich überarbeitet worden. Das Gesetz betrifft Besoldung, Umzugskosten und Versorgung. Es stattet den Bund als Dienstherrn mit wettbewerbsfähigen Instrumenten aus und sieht für die Beschäftigten viele finanzielle Verbesserungen vor. Mir war besonders daran gelegen, dass es für die Gesamtheit des öffentlichen Dienstes des Bundes gilt. Alle Gruppen – Polizei, Nachrichtendienste, Zoll, Bundeswehr und allgemeine Verwaltung – sind adressiert. Sie alle sind es, die Hand in Hand tagtäglich für die Sicherheit unseres Staates und für das Wohl der Bürger arbeiten.
Vergleicht man allein die Gehälter, kann der Bund in manchen Bereichen mit der Wirtschaft nur schwer konkurrieren. Er muss es aber, weil er de facto mit ihr in ständiger Konkurrenz steht. Das BesStMG enthält daher zukunftsfeste Lösungen für die Fachkräftegewinnung. So kann der Bund eine neue Personalgewinnungsprämie gewähren, die mit attraktiven Beträgen dringend gesuchte IT-Fachkräfte und Techniker ansprechen soll. Darüber hinaus ist eine innovative Bindungsprämie für Lebenszeitbeamte und Berufssoldaten vorgesehen, falls diese lukrative private Abwerbeangebote erhalten. Auch für besondere Einsatzbereitschaft in nationalen Krisenfällen kann der Bund Prämien gewähren.
Diese Instrumente müssen nun vor allem in den Bereichen IT-Sicherheit und Verwaltungsdigitalisierung genutzt werden. Dort ist die Aufgabenerfüllung des Bundes mittlerweile besonders komplex geworden. Das BesStMG sieht hierfür im Bereich der Zulagen passgenaue Lösungen vor. Denn Zulagen erlauben – als kleine Puzzleteile mit großer Wirkung – besondere Aufgaben adäquat zu vergüten, zum Beispiel die Cyberabwehr im zivilen oder militärischen Bereich, die Marinemechatronik oder besonders belastende Aufgaben, etwa der Schutz unserer Staatsorgane. Aber auch jenseits der finanziellen Rahmenbedingungen bietet der Bund mit Arbeitsplatzsicherheit, einer guten Kranken- und Ruhestandsversorgung sowie guter Jobvereinbarkeit ein attraktives Gesamtpaket.
Bei aller Freude über das Erreichte müssen wir weiter für einen starken, attraktiven und zukunftsfähigen öffentlichen Dienst des Bundes sorgen. Wichtig ist die Wertschätzung über das Finanzielle hinaus. Dafür stehen Arbeitszeitregelungen, die einen Belastungsabbau ermöglichen, härtere Strafen bei Gewalt gegen Staatsdiener sowie breite gesellschaftliche Anerkennung all derer, die für Sicherheit und Wohlergehen einstehen. Als Dienstrechtsminister des Bundes werde ich mich für die berechtigten Belange der Staatsbediensteten stets einsetzen.