Fragen und Antworten zum Vereinigungsverbot "Nordadler"

Typ: Häufig nachgefragt

Warum wurde die Vereinigung "Nordadler" verboten?

"Nordadler“ wurde nach Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 3 des Vereinsgesetzes verboten. Die Vereinigung richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, da sie mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist. Das heißt im Einzelnen, "Nordadler“

  • ersehnt die Wiedererrichtung eines nationalsozialistischen Staates,
  • Verehrt die SS, Adolf Hitler und andere führende Repräsentanten,
  • ist rassistisch, antisemitisch und fremdenfeindlich ausgerichtet und
  • weist eine kämpferisch-aggressive Grundhaltung auf.

Mit einem sehr stark ausgeprägten Antisemitismus der sich in der Holocaust-Leugnung und Vernichtungsphantasien gegenüber Juden äußert, richtet sich der Verein gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

Zudem laufen Zwecke und Tätigkeit von "Nordadler" den Strafgesetzen zuwider. Beispielsweise wurde gegen den Anführer ein Strafverfahren wegen Verstößen gegen § 130 StGB (Volksverhetzung) und § 140 StGB (Billigung von Straftaten) durch öffentliche antisemitische Äußerungen im Zusammenhang mit dem Anschlagsgeschehen in Halle am 9. Oktober 2019 eingeleitet. Ebenso wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) eingeleitet, weil er in einer öffentlichen Telegram- einen "Leitkodex" verbreitete, der in Teilen Passagen aus einer Schrift von Joseph Goebbels enthält.

Wer oder was ist "Nordadler"?

Die Gruppierung "Nordadler" ist eine rechtsextremistische Vereinigung, die ihre nationalsozialistische und antisemitische Ideologie überwiegend im Internet propagiert. Sie tritt auch unter den Bezeichnungen "Völkische Revolution", "Völkische Jugend", "Völkische Gemeinschaft" und "Völkische Renaissance" auf. Die Gruppierung nutzt offene und geschlossene Chatgruppen und Kanäle auf diversen Plattformen und in sozialen Medien wie Telegram, Instagram und Discord, aber auch eine eigene Webseite. Hier versucht der Anführer der Gruppe gezielt jüngere Internetnutzer zu werben und zu indoktrinieren und damit fortwährend Verfassungsfeinde zu schaffen.

Charakteristisch für die Gruppierung ist vor allem die Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus. Sie manifestiert sich in der Organisationsstruktur mit Bezügen zur SS, der Nutzung nationalsozialistischer Symbole und Sprache durch die Mitglieder sowie deren Bekenntnis zu Adolf Hitler und anderen maßgeblichen Repräsentanten des Nationalsozialismus. Der Anführer erklärte öffentlich, dass er sich als Nationalsozialist bezeichne und seine Gruppe die Rückkehr eines NS-Staats mit der weltanschaulichen "Ideologie von damals" ersehne. Als ersten Schritt hierzu plante "Nordadler" die Umsetzung eines nationalsozialistischen Siedlungsprojekts, bei dem Gleichgesinnte im ländlichen Raum zusammenleben und von dort aus ihre Ideologie verbreiten können.

Kennzeichnend ist weiterhin ein sehr stark ausgeprägter Antisemitismus und eine kämpferisch-aggressive Grundhaltung, die etwa in Gewaltphantasien gegen Polizisten zum Ausdruck kommt. So befürwortete der Anführer in einer öffentlichen Telegram-Gruppe den Anschlag auf die Synagoge in Halle.

Was wurde genau verboten?

Der Verein "Nordadler" wurde verboten und aufgelöst. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für "Nordadler" zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisation fortzuführen.

Ebenso ist der Betrieb der Internetseiten des Vereins und sämtlicher Benutzerkonten des Vereins in allen sozialen Netzwerken verboten. Sämtliche Benutzerkonten des Vereins in allen sozialen Netzwerken sind zu schließen.

Darüber hinaus wurde verboten, Kennzeichen von „Nordadler“ für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- und Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, zu verwenden. Dieses Verbot betrifft insbesondere die grafische Verwendung der Kennzeichen von „Nordadler“, des Schriftzuges "Nordadler" einzeln oder in Verbindung mit der Wortfolge "Die Träger des Nordlichts" sowie die grafische Verwendung der Kennzeichen der "Völkischen Renaissance", der "Völkischen Jugend" und der "Völkischen Revolution", des Schriftzuges "Völkische Revolution" einzeln oder in Verbindung mit der Wortfolge "Deutsche Freiheitsbewegung" oder der Wortfolge "Aktiv - Jung - Völkisch". Die entsprechenden Symbole, auf die sich das Verbot bezieht, sind am Vollzugstag um 6:00 Uhr im Bundesanzeiger veröffentlicht worden.

Wann wird das Verbot rechtskräftig (korrekterweise: "bestandskräftig")?

Der Zeitpunkt der Bestandskraft des Vereinsverbotes ist davon abhängig, ob der Verein "Nordadler" gerichtlich gegen die Verbotsverfügung vorgeht. Nach der heutigen Bekanntgabe der Verbotsverfügung kann der Verein innerhalb eines Monats Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erheben. Wird keine Klage erhoben, wird das Verbot nach Ablauf der Monatsfrist bestandkräftig.

Was sind die strafrechtlichen Konsequenzen des Vereinsverbotes?

Das heutige Vereinsverbot untersagt jede Fortführung der Vereinsaktivität durch die bisherigen Mitglieder und jede Aktivität Dritter zugunsten des verbotenen Vereins. Verstöße hiergegen sind Straftaten nach § 20 Vereinsgesetz (bis zur Bestandskraft des Verbots) bzw. nach § 85 StGB (ab Bestandskraft des Verbots).

Da es sich bei den Straftatbeständen des Vereinsgesetzes bzw. StGB um Offizialdelikte handelt, müssen auch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder gegen jede Aktivität vorgehen. 

Dies ist das dritte Vereinsverbot im Phänomenbereich Rechtsextremismus in diesem Jahr. Werden nun zeitnah weitere Verbote folgen?

Vereinsverbote sind ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung extremistischer Bestrebungen. Am 23. Januar 2020 wurde der rechtsextremistische Verein "Combat 18 Deutschland" von Herrn Minister Seehofer verboten, am 19. März 2020 folgte das Verbot des Reichsbürger-Vereins "Geeinte deutsche Völker und Stämme".

In Abstimmung mit dem Bundeskriminalamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz prüft Bundesinnenminister Seehofer das Erfordernis weiterer Vereinsverbote insbesondere auch im Bereich des Rechtsextremismus. Über konkrete Planungen zu Vereinsverboten nimmt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat jedoch grundsätzlich nicht Stellung.

Was macht die Bundesregierung, um gegen Hass und Hetze im Netz vorzugehen?

Im Internet und insbesondere in den Sozialen Medien ist eine zunehmende Verrohung der Kommunikation zu beobachten. So äußern sich Personen immer öfter allgemein, vor allem aber gegenüber gesellschaftlich und politisch engagierten Menschen, in einer Weise, die gegen das Strafrecht verstößt und sich durch stark aggressives Auftreten, Einschüchterung und Androhung von Straftaten auszeichnet. Hiergegen werden u.a. folgende Maßnahmen ergriffen:

  • Am 18. Juni 2020 hat der Bundestag einen Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur besseren Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität angenommen. Die Anbieter großer sozialer Netzwerke werden verpflichtet, strafbare Inhalte wie zum Beispiel Morddrohungen oder volksverhetzende Äußerungen zu melden. Dafür wird beim Bundeskriminalamt eine neue Zentralstelle eingerichtet. Bislang waren die Anbieter nur dazu verpflichtet, diese Inhalte zu löschen oder zu sperren. Hetze, Drohungen und Beleidigungen im Netz werden darüber hinaus wegen der besonders hohen Reichweite härter und besser verfolgt. Um Tatverdächtige identifizieren und Beweise sichern zu können, werden daneben klare Rechtsgrundlagen zur Auskunftserteilung von Anbietern gegenüber Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrbehörden geschaffen.

  • Zudem führt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unter der Leitung des Bundeskriminalamts seit 2016 erfolgreich jährliche Aktionstage gegen strafbare Hasspostings im Internet durch. Im Jahr 2019 fanden zwei dieser Aktionstage statt. An einem mit den Ländern abgestimmten Tag werden hierbei Exekutivmaßnahmen (Durchsuchungen, Vernehmungen) gegen Personen durchgeführt, die im Verdacht stehen, strafbare Hasspostings veröffentlicht zu haben. Durch die gemeinsame Durchführung dieser Maßnahmen an einem Tag wird gezeigt, dass Hass und Hetze auch im Netz verfolgt werden.

  • Im Bundesprogramm "Demokratie leben!" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) werden darüber hinaus zahlreiche Projekte zur Stärkung des Engagements im Netz und gegen Hass im Netz gefördert, um die präventiv-pädagogische Arbeit gegen Hassrede und Propaganda im Internet voranzubringen und die Fachpraxis weiterzuentwickeln.

  • Die Bundeszentrale für politische Bildung leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Extremismusprävention.

Welche Maßnahmen ergreifen die Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung rechtsmotivierter Straftaten?

Die Bekämpfung rechtsmotivierter Straf- und Gewalttaten ist ein Kernanliegen der Bundesregierung.

Im Zentrum stehen dabei eine nachhaltige Strafverfolgung, aber auch präventive Maßnahmen, wie zum Beispiel verstärkte Präsenz an Kriminalitätsschwerpunkten oder sogenannte Gefährderansprachen.

Hervorzuheben ist insbesondere das frühzeitige und konsequente Vorgehen der Sicherheitsbehörden und der Justiz gegen rechtsterroristische Strukturen und staatsgefährdende Gewalttäter.

Einen wichtigen Beitrag zur Intensivierung der Kommunikation bis hin zur Koordinierung bundesweiter Maßnahmen hierzu leistet das "Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum-Rechts" (GETZ-R), in dem neben den Polizeibehörden und dem Verfassungsschutz des Bundes und der Länder auch der Militärische Abschirmdienst (MAD), der Bundesnachrichtendienst (BND), das Zollkriminalamt (ZKA), die Bundespolizei (BPol), der Generalbundesanwalt (GBA) und EUROPOL vertreten sind.

Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Programme der Bundesregierung im großen Bereich der Extremismusprävention. Hier sind insbesondere die Programme "Zusammenhalt durch Teilhabe" mit einem jährlichen Fördervolumen von 12 Mio. Euro und "Demokratie leben!" mit einem Fördervolumen für Bundesprogramme von 48 Mio. Euro sowie die Maßnahmen der Bundeszentrale für politische Bildung mit einem Gesamtfördervolumen von mehr als 30 Mio. Euro zu nennen.