EU-Verordnung 2019/1157 zur Erhöhung der Sicherheit von Personalausweisen von Unionsbürgern und Aufenthaltsdokumenten von Drittstaatsangehörigen, welche Familienangehörige von Unionsbürgern sind

Typ: Häufig nachgefragt

Mindestsicherheitsstandards für Identitätsdokumente

Worum geht es?

Ziel des Verordnungsentwurfs ist es, die Sicherheit der von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgegebenen Personalausweise und Aufenthaltsdokumente für Unionsbürger und ihren Drittstaatsfamilienangehörigen angesichts bekannt gewordener Fälschungsfälle dieser Dokumente zu erhöhen.

In Umsetzung des Europäischen Aktionsplans für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug (COM/2016/0790 final) strebt die EU mit der Verordnung (EU) 2019/1157 ein standardisiertes und zugleich erhöhtes Sicherheitsniveau bei der Dokumententechnik und beim Antragsprozess für nationale Identitätsdokumente (in DE: Personalausweise) sowie für freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige von Unionsbürgern (in DE: Aufenthaltskarten, Daueraufenthaltskarten) an. Ferner sollen Aufenthaltsdokumente für Unionsbürger (in DE: Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht) einen standardisierten Informationsgehalt enthalten. Damit soll die gegenseitige Anerkennung der nationalen Dokumente in den EU Mitgliedstaaten insgesamt verbessert werden, was eine vereinfachte Ausübung des Freizügigkeitsrechts zur Folge haben wird.

Was sind die wesentlichen Regelungsinhalte?

Personalausweise gelten EU weit als Nachweis der Unionsbürgerschaft und können innerhalb der Europäischen Union als Reisedokumente zur Ausübung der Freizügigkeit genutzt werden. Während die Reisepässe der EU-Mitgliedstaaten seit 2004 nach einheitlichen Mindestsicherheitsstandards und in einem einheitlichen Design herausgegeben werden, ist die heterogene Gestaltung der Personalausweise durch die Mitgliedstaaten Anlass für die EU-Verordnung gewesen. Die Verordnung sieht daher vor:

  • biometrische, maschinenlesbare Dokumente einschließlich der Standardisierung physikalischer Sicherheitsmerkmale entsprechend dem internationalen Standard ICAO Doc 9303 verbindlich einzuführen,
  • die Regelungen zum Antragsprozess von Personalausweis und Reisepass anzugleichen (vgl. hierzu die Verordnungen (EG) 2252/2004 und 444/2009): Die Aufnahme der biometrischen Daten (Lichtbild, Fingerabdrücke) soll unter behördlicher Aufsicht erfolgen;
  • Fingerabdrücke in einem besonders geschützten Bereich im Chip des Dokuments (wie bereits beim Reisepass) verpflichtend aufzunehmen,
  • das einheitliche europäische Designelement der Europaflagge (Kreis aus zwölf gelben Sternen auf blauem Hintergrund) aufzunehmen,
  • EU weit einen einheitlichen Mindestinformationsgehalt von Bescheinigungen über das Daueraufenthaltsrecht für Unionsbürger sowie ein einheitliches Format der Aufenthaltsdokumente für freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige von Unionsbürgern aus Drittstaaten einzuführen,
  • für die Einführung eine Frist von zwei Jahren bis zur verpflichtenden Ausgabe der neuen Dokumente sowie ein Übergangszeitraum von zehn Jahren, in dem die alten Dokumente noch gültig sein dürfen, sicherzustellen (für nicht maschinenlesbare Dokumente gilt eine verkürzte fünfjährige Übergangszeit, die Deutschland nicht betrifft).

Was wird sich für den deutschen Personalausweis ändern?

Die Verordnung (EU) 2019/1157 trat am 2. August 2019 in Kraft und gilt ab dem 2. August 2021.

Da der deutsche Personalausweis bereits maschinenlesbar entsprechend des Standards ICAO 9303 ist und die erforderlichen physikalischen Sicherheitsmerkmale aufweist, werden sich die Änderungen hauptsächlich auf das Design und minimale Anpassungen des Zugriffsprotokolls für das Lesen des Chips beschränken. Für die Fingerabdrücke sind keine technischen Änderungen erforderlich. Bereits schon heute sind in ca. 40% der Fälle die Fingerabdrücke freiwillig gespeichert. In Zukunft wird diese Option verpflichtend sein.

Eine Kostensteigerung für den Personalausweis wird es auf Grund der EU-Verordnung nicht geben. Bereits ausgegebene Dokumente können bis zum Ablauf der aufgedruckten Gültigkeitsdauer weiter verwendet werden, sofern sich nicht die übrigen Daten geändert haben (z.B. Namensänderung durch Heirat).

Der Besitzer eines Personalausweises kann bis zum Ablauf der angegebenen Gültigkeit das Dokument uneingeschränkt verwenden und muss sich nach dem 2. August 2021 nicht um ein neues Dokument bemühen.

Das Projekt zur fristgerechten nationalen Umsetzung dieser Verordnung läuft unter Einbeziehung der beteiligten Stellen planmäßig. Das konkrete Umsetzungsdatum ist Teil der Beratungen. Sobald wesentliche neue Informationen zum Personalausweis feststehen, veröffentlicht das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat diese wie gewohnt zeitnah auf dem Personalausweisportal (www.personalausweisportal.de).

Wozu dient die Aufnahme der Fingerabdrücke? Wie werden diese gespeichert?

Nachdem bereits durch die Einführung differenzierterer, maschinell prüfbarer Sicherheitsmerkmale und besonderer Herstellungsmethoden die Fälschung oder Nachahmung der aktuell verwendeten Reisepässe erschwert wurde, berichten auf europäischer Ebene die zur Identitätsfeststellung berechtigten Behörden insgesamt über eine stark zunehmende Zahl von Verdachtsfällen, in denen echte Dokumente von anderen, ähnlich aussehenden Personen gebraucht werden. Ein solcher Identitätsmissbrauch kann jedoch nur dann schnell und sicher vor Ort festgestellt werden, wenn im Dokument die für jeden Mensch einzigartigen Fingerabdrücke gespeichert werden und zum Abgleich zur Verfügung stehen.

Dabei geht es im Wesentlichen um die Verifikation ausländischer Personalausweise in Deutschland, nicht um die Verifikation des deutschen Personalausweises.

Die Speicherung des Fingerabdruckes dient nicht primär der Fälschungssicherheit des Dokumentes. Vielmehr soll bei Zweifeln über die Gleichheit der sich ausweisenden und der auf dem Lichtbild des Dokuments abgebildeten Person auch die unmittelbare Identitätsfeststellung möglich sein. Damit könnten auch die derzeit in Zweifelsfällen noch teilweise notwendigen und zeitaufwändigen Nachfragen bei anderen Behörden entfallen und
dem Betroffenen eine zügige Weiterreise bzw. Nutzung der Freizügigkeit ermöglicht werden.

Die Fingerabdrücke werden in Deutschland - wie bisher auch bei Reisepässen üblich – ausschließlich im Chip des Personalausweises gespeichert. Der vom Reisepass und den EU-einheitlichen elektronischen Aufenthaltstiteln bekannte und bewährte Zugriffsschutz Extended Access Control (EAC) wird übernommen. Zugriffsrechte auf die Fingerabdruckdaten erhalten ausschließlich die für die Identitätsfeststellung berechtigten Behörden der EU-Mitgliedstaaten nach dem Gegenseitigkeitsprinzip. Beim Hersteller werden die Fingerabdrücke nur für den Zeitraum der Produktion verarbeitet und danach gelöscht. In der Behörde werden die Fingerabdrücke - wie bisher auch - nach Ausgabe des Dokumentes gelöscht.

Warum eine europäische Regelung? Hätten nicht die Mitgliedstaaten das jeweils für sich national regeln können?

Die Bedrohung durch Terrorismus und organisierte Kriminalität in der Europäischen Union ist internationaler Natur und kann nicht von einzelnen Mitgliedstaaten allein bewältigt werden. Die grenzüberschreitenden kriminellen Aktivitäten von Terroristen und Schwerkriminellen wurden u. a. durch Dokumentenbetrug begünstigt, wie im Aktionsplan der Europäischen Union hervorgehoben wurde. Sichere Personalausweise und Aufenthaltsdokumente tragen wesentlich dazu bei, das für die Freizügigkeit erforderliche Vertrauen in einen Raum der Freiheit und der Sicherheit wieder zu festigen und zu gewährleisten.

Durch einzelne Mitgliedstaaten wurden zwar bereits mehrere Maßnahmen ergriffen, um auf nationaler Ebene die erleichterte Wahrnehmung der Freizügigkeit in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu gewährleisten. Beispielsweise haben einige Mitgliedstaaten Online-Register eingerichtet, die es öffentlichen und privaten Einrichtungen ermöglichen, Dokumente auf ihre Echtheit zu überprüfen. Es gab jedoch kein gemeinsames Konzept der Mitgliedstaaten, um die Sicherheitsmerkmale dieser Dokumente auf einem hohen Niveau zu standardisieren und den Mindestinformationsgehalt dieser Dokumente festzulegen. Die anhaltenden Problemen von Freizügigkeitsberechtigten konnten jedoch nicht EU-weit gelöst und das Auftreten von Dokumentenbetrug nicht signifikant verringert werden.

Durch den Verordnungsentwurf können auf EU-Ebene Sicherheitslücken besser geschlossen werden und außerdem praktische Probleme für EU-Bürger, nationale Behörden und Unternehmen im gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts besser geschlossen werden. Ziel der gemeinsamen Mindestnormen ist es, innerhalb der EU ein hohes Maß an Sicherheit und Vertrauen bei nationalen Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten zu gewährleisten.