Staatsangehörigkeitsrecht

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Verfassung

Die Staatsangehörigkeit bezeichnet die Zuordnung eines Menschen zu einem bestimmten Staat, mit allen Rechten und Pflichten.

Jeder Staat regelt nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts und in dessen Grenzen selbst, wer seine Staatsangehörigen sind und ob und unter welchen Voraussetzungen seine Staatsangehörigkeit erworben wird oder verloren geht.

Aufgrund der nicht einheitlichen Regelungen in den einzelnen Staaten kann ein Mensch zwei oder mehrere (Doppelstaater, Mehrstaater) oder auch keine Staatsangehörigkeit (sog. Staatenloser) besitzen. In Deutschland galt bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG) am 27. Juni 2024 grundsätzlich das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit. Ausgenommen waren aber insbesondere Staatsangehörige der anderen EU-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz. Mit dem Inkrafttreten der Reform wird Mehrstaatigkeit nun generell akzeptiert.

Alle deutschen Staatsangehörigen sind automatisch auch Unionsbürger. Die deutsche Staatsangehörigkeit ist in Art. 116 Grundgesetz (GG) und dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Sie wird durch Art 16 Abs. 1 GG besonders geschützt.

Reform des Staats­angehörigkeits­rechts

Auch in den zurückliegenden Jahren ist das Staatsangehörigkeitsrecht durch zahlreiche Änderungsgesetze immer wieder reformiert worden.

Einführung des Geburts­ort­prinzips und weitere Reformen im Jahr 1999

Zum 1. Januar 2000 wurde neben dem bisher allein geltenden Abstammungsprinzip (ius sanguinis) das Geburtsortprinzip (ius soli) eingeführt (Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 -BGBl. I S. 1618).

Danach können unter bestimmten Voraussetzungen auch in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Damit war zunächst die Verpflichtung verbunden, sich mit Vollendung des 18. Lebensjahres zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern zu entscheiden (Optionspflicht).

Die für einen Einbürgerungsanspruch erforderliche Dauer des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland wurde zudem von 15 auf acht Jahre verkürzt.

Darüber hinaus müssen Einbürgerungsbewerber seither folgende Kriterien erfüllen:

  • ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache
  • Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes
  • Loyalitätserklärung

Zusammen­fassung der Einbürgerungs­vorschriften im Staatsangehörigkeitsgesetz

Zum 1. Januar 2005 wurden die wichtigsten Einbürgerungsvorschriften, die zuvor auch im Ausländergesetz normiert waren, im Staatsangehörigkeitsgesetz zusammengefasst.

Einführung des Einbürgerungstests

Zum 1. September 2008 wurde der Einbürgerungstest als weitere Einbürgerungsvoraussetzung eingeführt. Hierdurch wurde dem gewachsenen Stellenwert der gesellschaftlichen Integration Rechnung getragen.

Möglichkeit der Rück­nahme einer rechtswidrigen Einbürgerung

Der neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügte § 35 erlaubt die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung. Voraussetzung ist, dass diese durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden ist.

Fortfall der Options­pflicht für in Deutschland aufgewachsene Ius-soli-Kinder

Ab dem 20. Dezember 2014 mussten sich in Deutschland aufgewachsene Ius-soli-Kinder nicht mehr zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Die sogenannte Optionspflicht bestand aber für Ius-soli-Deutsche, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, weiter.

Neue gesetzliche Einbürgerungsvoraussetzungen: Geklärte Identität und Staatsangehörigkeit – Verlustregelung für Terrorkämpfer

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes trat am 09. August 2019 in Kraft. 

Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes war die Identität des Einbürgerungsbewerbers bereits zuvor vor jeder Einbürgerung in den deutschen Staatsverband zu klären; dieses Erfordernis wurde nun unter Einbeziehung auch der Staatsangehörigkeit des Einbürgerungsbewerbers gesetzlich verankert. Außerdem muss die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet sein, insbesondere darf der Einbürgerungsbewerber nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet sein (§ 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 StAG).

Die Frist für die Rücknahme einer Einbürgerung, die durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde, beträgt nun nicht mehr fünf, sondern zehn Jahre.

Außerdem wurde mit dem Änderungsgesetz eine neue Verlustregelung eingeführt. Danach verliert ein Deutscher, der sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligt, die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Verlust tritt aber nur ein, wenn der Betreffende noch eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt und volljährig ist (§ 28 StAG). 

Erleichterte Einbürgerung von NS-Verfolgten und ihren Nachfahren – Zehnjähriges Erklärungsrecht für die von früheren geschlechterdiskriminierenden Abstammungsregelungen Betroffenen

 Am 20. August 2021 ist das Vierte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes in Kraft getreten.

Das Gesetz gibt Personen, die im Zusammenhang mit nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben oder nicht erwerben konnten, aber nicht unter die Wiedergutmachungsregelung in Artikel 116 Abs. 2 des Grundgesetzes fallen, einen Anspruch auf Wiedergutmachungseinbürgerung. Das Gleiche gilt zeitlich unbefristet für deren Nachfahren. 

Das Gesetz schafft ferner eine gesetzliche Grundlage für ein zehnjähriges Erklärungsrecht zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für alle ab Geltung des Grundgesetzes (24. Mai 1949) Geborenen, die aufgrund früherer geschlechterdiskriminierender Abstammungsregelungen vom Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausgeschlossen waren und diese bisher nicht anderweitig erworben haben. Die Möglichkeit des Erklärungserwerbs besteht auch für ihre Abkömmlinge. 

Zudem wurde gesetzlich festgeschrieben, dass Personen, die wegen antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Taten verurteilt wurden, unabhängig vom Strafmaß von einer Einbürgerung ausgeschlossen sind.

Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts: Generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit und erleichterter Ius soli-Erwerb

Am 27. Juni 2024 trat das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG) in Kraft.

Mit der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts wurden – unter anderem – folgende wesentliche Regelungen getroffen:

Der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit wurde aufgegeben. Einbürgerungen erfolgen nun generell unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, sodass eine Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit(en) nicht mehr notwendig ist. Korrespondierend dazu ist auch der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit und korrespondierend dazu das Instrument der Beibehaltungsgenehmigung entfallen. Auch die Optionsregelung beim Ius soli-Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist komplett entfallen und der Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtert worden, indem die erforderliche Aufenthaltszeit des maßgeblichen Elternteils in Deutschland von acht auf fünf Jahre deutlich verringert wurde.

Die für einen Einbürgerungsanspruch erforderliche Zeitdauer eines rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland wurde ebenfalls von acht auf fünf Jahre herabgesetzt. Hat der Einbürgerungsbewerber erfolgreich besondere Anstrengungen unter­nommen, sich in die Lebensverhältnisse in Deutschland zu integrieren, kann beim Nachweis besonderer Integrationsleistungen, sehr guten Deutschkenntnissen (C 1 GER) und gesichertem Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen die Voraufenthaltsdauer auf bis zu drei Jahre verkürzt werden.

Der Grundsatz, dass nur eingebürgert werden kann, wer die Werte einer freiheitlichen Gesellschaft teilt, wurde mit nachfolgenden Regelungen gestärkt: Es wurde gesetzlich klargestellt, dass antisemitisch, rassistische oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen. Die Einbürgerungsvoraussetzungen wurden um ein weiteres Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges, ergänzt. Die Einbürgerungsvoraussetzung der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ wurde durch konkrete Ausschlussgründe ersetzt, nämlich eine bestehende Mehrehe oder wenn der Einbürgerungsbewerber durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet.

Weiterhin wurden Ausnahmen von dem Erfordernis, den eigenen und den Lebensunterhalt der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II oder XII) bestreiten zu können, bei der Anspruchseinbürgerung nunmehr ausdrücklich benannt; dadurch wurden die Ausnahmemöglichkeiten enger gefasst. Für vulnerable Personengruppen, unter anderem Rentenbezieher, Menschen mit einer Behinderung oder schwerwiegenden Erkrankung, Alleinerziehende mit betreuungsbedürftigen Kindern, pflegende Angehörige sowie Antragsteller in Ausbildung oder Studium besteht die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung.

Für Angehörige der so genannten Gastarbeitergeneration und Vertragsarbeitnehmer der ehemaligen DDR sowie die ihnen im zeitlichen Zusammenhang nachgezogenen Ehegatten wurde das nachzuweisende Sprachniveau auf mündliche Kenntnisse abgesenkt und auf den Einbürgerungstest verzichtet.

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