Rauschgiftkriminalität

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Sicherheit

Rauschgifthandel, Vorbereitungsstraftaten mit teils schwerster Gewaltverbrechen und immense, illegale Gewinne für die Organisierte Kriminalität. Das BMI verbündet sich im Kampf gegen den Drogenhandel auf europäischer und internationaler Ebene.

Die Bekämpfung der international organisierten Rauschgiftkriminalität ist eine große Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. Aufgrund der immensen illegalen Gewinne, die durch den weltweiten Rauschgifthandel erzielt werden können, betätigen sich viele Gruppierungen der Organisierten Kriminalität (OK) in diesem Deliktsfeld. Dabei werden Straftaten gegen das Betäubungsmittel- und Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz begangen. Die Tätergruppierungen verüben teils schwerste Gewaltverbrechen (bis hin zu Ermordungen) und andere Straftaten, beispielsweise, dass die illegalen Gewinne gewaschen und dem legalen Wirtschaftskreislauf zugeführt werden.

Diese Straftaten stellen eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit und Ordnung in Deutschland, der Europäischen Union und weltweit dar. Zugleich trägt die massive Kokain-Nachfrage aus Europa zu brutaler Gewalt, zu Menschenhandel, Korruption und Umweltzerstörung in den Herkunfts- und Transitstaaten bei.

aktuelles Zitat:

Bundesinnenministerin Faeser
"Das Milliardengeschäft der Drogenkartelle führt zu einer unfassbaren Gewaltspirale, die wir auch in Teilen Europas sehen und in Deutschland unbedingt verhindern wollen."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität arbeitet das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) eng mit dem Bundeskriminalamt (BKA) zusammen. Das BKA trägt im Rahmen seiner Aufgaben, das heißt als Zentralstelle der deutschen Polizei, als Koordinierungs- und Unterstützungsstelle sowie als Ermittlungsdienststelle dazu bei, dass kriminelle Rauschgiftgruppierungen bekämpft werden und die Mitglieder dieser OK-Gruppierungen der strafrechtlichen Verantwortung zugeführt werden.

Sichergestelltes Kokain in einem Container. Quelle: BKA Vom BKA sichergestelltes Kokain in Kartons auf zwei Paletten in einem Container.

Drogen in Deutschland

Die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität in Deutschland durch das BMI und das BKA richten sich gegen den international organisierten Rauschgifthandel mit den klassischen Drogenarten Heroin, Kokain und Cannabis sowie gegen den Handel mit den synthetischen Drogen Amphetamin, Methamphetamin (Crystal Meth) und Ecstasy sowie den Handel mit den Neuen psychoaktiven Stoffen (NPS). Aufgrund des starken Anstiegs der Herstellung von Drogen weltweit steigt letztlich auch die Verfügbarkeit der einzelnen Drogenarten in Deutschland. Einen besonderen Fokus legt das BMI auf die Eindämmung der Kokainschwemme aus Südamerika und der damit einhergehenden Folgen für Europa und Deutschland.

Grundstoffe für Rauschgiftherstellung

Für die Herstellung von Betäubungsmitteln (mit Ausnahme natürlicher Drogen wie z. B. Cannabis) werden Chemikalien benötigt. Viele dieser Chemikalien spielen in der chemischen Industrie eine große Rolle bei der Herstellung von beispielsweise Arzneimitteln, Kosmetika und Textilien oder als Reinigungs-, Desinfektions- und Lösungsmittel und werden weltweit zum Teil in großem Umfang legal hergestellt und gehandelt.

Um die illegale Verwendung dieser Chemikalien zu verhindern, wurden national und international Initiativen ergriffen sowie gesetzliche Regelungen eingeführt, so z. B. die UN-Drogenkonvention von 1988 und das nationale Grundstoffüberwachungsgesetz (GÜG).

Statistik

Kokain

Seit dem Jahr 2017 sind die Sicherstellungsmengen von Kokain in Deutschland signifikant angestiegen. Im Jahr 2023 wurde in Deutschland mit ca. 43 t eine neue Rekordmenge (2022: ca. 20 t) sichergestellt. Die seit 2019 in Deutschland festzustellende Häufung von Kokain-Sicherstellungen im vier- bis fünfstelligen Kilogrammbereich korreliert mit dem Anstieg des globalen Sicherstellungsaufkommens von Kokain.

Heroin

In Deutschland wurden im Jahr 2023 ca. 171kg Heroin sichergestellt (2022 ca. 1000kg). Der Schmuggel von Heroin nach Westeuropa erfolgt hauptsächlich in Lkw aus Afghanistan, Pakistan und dem Iran über die Verzweigungen der klassischen Balkanroute und der nördlichen Schwarzmeerroute. Transporte über die Südroute (über Afrika) und Heroinlieferungen in Seefrachtcontainern werden immer häufiger festgestellt.

Cannabis

Im Jahr 2023 wurden insgesamt ca. 20,9 Tonnen Marihuana und 3,7 Tonnen Haschisch sichergestellt. Marihuana stammt in der Regel überwiegend aus westeuropäischem Indoor-Anbau. Im Jahr 2022 wurden erneut zahlreiche Cannabis-Großtransporte von Spanien über Frankreich Richtung Deutschland per Lkw und Kleintransporter festgestellt. Bei Großlieferungen aus Spanien werden häufig sowohl Marihuana als auch Haschisch transportiert. Weiteres Marihuana gelangt aus Albanien auf den deutschen Markt. Der Großteil des in Deutschland sichergestellten Haschischs stammt hingegen nach wie vor aus Marokko und wird insbesondere über die Niederlande, aber auch über Spanien und Frankreich nach Deutschland verbracht.

Amphetamin

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland knapp 2.000 kg Amphetamin sichergestellt. In Deutschland sichergestelltes Amphetamin, sowohl als Pulver als auch in flüssiger Form (Amphetaminöl), stammt überwiegend aus niederländischer Produktion. In den Niederlanden besteht seit vielen Jahren eine erhebliche und konstante Produktionskapazität in illegalen Laboren.

Ecstasy

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland mehr als 1,1 Millionen Ecstasy-Tabletten und darüber hinaus 272 kg MDMA sichergestellt. In Deutschland sichergestellte Ecstasy-Tabletten stammen – wie auch Amphetamin – fast ausschließlich aus den Niederlanden, wo sehr hohe Produktionskapazitäten bestehen

Methamphetamin/ Chrystal

Insgesamt wurden im Jahr 2023 451 kg Methamphetamin in Deutschland sichergestellt. Das in Deutschland im Jahr 2023 sichergestellte Methamphetamin stammte aus den verschiedensten Herkunftsstaaten, z. B. wurden erneut ca. 76 kg Methamphetamin aus Mexiko, ferner knapp 33 kg aus afrikanischen Quellen und ca. 17 kg aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt. Methamphetamin-Sicherstellungen erfolgten auch häufig im Transit durch Deutschland.

Neue Psychoaktive Stoffe (NPS)

NPS sind seit vielen Jahren fester Bestandteil auf dem Rauschgiftmarkt und decken die gesamte Bandbreite an Alternativen zu klassischen Drogenarten ab.

Hauptherkunftsstaaten der Reinstoffe für die Herstellung von NPS-Fertigprodukten (z. B. sog. Kräutermischungen, Badesalze, Liquids) sind China und Indien. Von dort werden die Wirkstoffe auf dem Postweg nach Europa geliefert. In europäischen Produktionsstätten, u. a. in den Niederlanden, in Belgien, Polen, Spanien, aber auch in Deutschland, werden diese weiterverarbeitet, konsumfertig abgepackt und in erster Linie über Onlineshops im Internet und den Postversand vertrieben.

Im Jahr 2023 wurde erstmalig ein NPS-Herstellungslabor für synthetische Cannabinoide in Deutschland sichergestellt. Im Jahr 2023 war ein erhöhter Sicherstellungsumfang von Ketamin, insbesondere im Post- und Paketversand, in Deutschland zu beobachten. Die Sicherstellungen von Ketamin in Deutschland summierten sich für den Zeitraum von 2021 bis August 2023 auf mindestens 900 kg.

Was tut das BMI zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität?

Die Bekämpfung der organisierten Rauschgiftkriminalität hat für das BMI als eine der Maßnahmen der Strategie zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten Kriminalität besondere Priorität.

Schwerpunkte der 20 Punkte umfassenden OK-Strategie sind der Ausbau der Ermittlungs- und Analysefähigkeiten des BKA, effektive Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfung und eine noch engere Zusammenarbeit auf nationaler wie auf internationaler Ebene – vor allem bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität.

Um den Rauschgifthandel erfolgreich bekämpfen zu können, braucht es transnationale Lösungen in den Herkunfts-, Transit- und Zielstaaten. Erforderlich ist eine intensive Zusammenarbeit, vor allem mit den Hauptherkunfts- und -transitländern Kolumbien, Peru, Brasilien und Ecuador. Vor diesem Hintergrund ist Ministerin Faeser Ende Februar/Anfang März 2024 in diese Länder gereist.

Im April 2024 ist Deutschland dem Maritimen Analyse- und Operationszentrum - MAOC (N) beigetreten. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt gegen Drogenschmuggel - insbesondere über See und Luft - gemeinsam mit den europäischen Partnern.

Allianzen für mehr Hafensicherheit

Ein weiterer Punkt ist die Widerstandsfähigkeit logistischer Knotenpunkte wie Häfen auch über nationale Grenzen hinweg zu stärken. Häfen sind zentrales Einfallstor für den Rauschgiftschmuggel. Häfen sind auch Ziele für die Unterwanderung durch kriminelle Netzwerke und Organisationen. Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit einzelner Häfen können Verdrängungseffekte begründen, sodass eine über einzelne Häfen und nationale Grenzen hinweg abgestimmten Vorgehensweise erforderlich ist.

Auch auf europäischer Ebene wird dieses Thema mit Nachdruck verfolgt. Die belgische Ratspräsidentschaft hat die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und insbesondere des Rauschgifthandels zu Schwerpunktthemen seiner Ratspräsidentschaft erklärt. Damit greift Belgien die Ziele des im Oktober 2023 von der Europäischen Kommission vorgestellten Fahrplans zur Bekämpfung des Drogenhandels und der organisierten Kriminalität auf.

Zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit bei der OK-Bekämpfung ist Deutschland bereits 2022 der Initiative "Coalition European countries against serious and organised crime" beigetreten. Die "Coalition European countries against sersious organised crime" geht auf eine Ministervereinbarung zwischen den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Spanien von Anfang Dezember 2021 zurück.

Nach ihrem Selbstverständnis ist die Coalition eine gemeinsame Initiative, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den sechs Ländern zu stärken und die jeweiligen Anstrengungen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zu koordinieren.

In Hamburg, Standort des größten deutschen Hafens, fand am Dienstag, 7. Mai 2024, das dritte Ministerinnen- und Minister-Treffen der Koalition statt. Auf der Konferenz tauschten sich die Teilnehmenden darüber aus, wie ihre Zusammenarbeit gegen den internationalen Drogenhandel effizient organisiert und noch schlagkräftiger werden kann. Zentrales Thema war dabei die Zusammenarbeit staatlicher und privater Akteure für Hafensicherheit.

Gruppenfoto bei dem Treffen der Koalition europäischer Staaten gegen schwere und organisierte Kriminalität in Hamburg. Gruppenfoto bei dem Treffen der Koalition europäischer Staaten gegen schwere und organisierte Kriminalität in Hamburg. (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Bundesfoto / Laurin Schmid Gruppenfoto bei dem Treffen der Koalition europäischer Staaten gegen schwere und organisierte Kriminalität in Hamburg.

Hamburger Erklärung

Die Ministerkonferenz verabschiedete am 7. Mai 2024 eine gemeinsame Hamburger Erklärung, die insbesondere folgendes eng abgestimmtes Handeln vorsieht:

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